Von Lesern für Sie und für Euch in der Bücherei entdeckt
Aus der Fülle des Angebotes suchen wir prinzipiell mit großer Sorgfalt Bücher, Filme, Zeitschriften und Spiele aus, von denen wir meinen, dass sie sich vor anderen auszeichnen. Trotzdem gibt es Medien, die unserem Team oder unseren Lesern besonders aufgefallen sind oder die sie gerne mit anderen teilen würden. Manchmal ist auch ein Buch dabei, auf das man sich besonders gefreut hat, das aber nun nicht hält, was wir von ihm erwartet haben. Auch das möchte man vielleicht mitteilen. Wenn es Ihnen oder Euch auch so geht, können Sie/könnt Ihr gerne an die Bücherei - team(at)buecherei.de - eine Besprechung senden, damit diese hier veröffentlicht wird.
Christian Baron, Ein Mann seiner Klasse, 2020, Ullstein Verlag

Als Kind behauptete Christian Baron oft, man hätte ihn bei der Geburt vertauscht und in Wahrheit wäre er ein Königssohn. Schon während der ersten Seiten seines autobiografischen Romans verstehe ich warum: Baron wächst, zusammen mit drei Geschwistern, in äußerst armen Verhältnissen in Kaiserslautern auf. Sein Vater ist alkoholabhängig und gewalttätig, seine Mutter machtlos. Durch den hartnäckigen Einsatz seiner Tante schreibt Christian Baron mit 17 Jahren Sportartikel für "Die Rheinpfalz". Seinen Weg zum Abitur und durchs Studium bestreitet er allein und wird dadurch zum Außenseiter der Familie.
Baron beschreibt seine Kindheit sehr offen und erschreckend ehrlich, ohne Beschönigung oder Wertung. Als Leserin war ich oft fassungslos und musste innehalten. Dennoch ist die Lektüre sehr zu empfehlen.
Madlen Jankowski
Aimee Molloy, Die Mutter, 2019, Rowolth Verlag

In ihrem Romandebüt schreibt Aimee Molloy über eine Gruppe frisch gebackener Mütter, die sich jede Woche trifft, um Sorgen, Freude und Nöte zu teilen. Eines Abends - während sich die Gruppe in einer Bar eine Auszeit gönnt - verschwindet der Sohn der alleinerziehenden Winnie. Eine Babysitterin hatte auf ihn aufgepasst. Nun nimmt die Geschichte eine eigene Dynamik an: Die Mütter werden verurteilt, weil sie gefeiert haben. Die Reporter graben verschwiegene Geheimnisse aus, und bald gilt die Mutter des vermissten Kindes als Hauptverdächtige.
Molloy kreiert realistische Frauenfiguren, die sich mit der Vereinbarkeit von Arbeit und Kind, eigenen Bedürfnissen und denen der Kinder und der Entwicklung neuer Freundschaften auseinandersetzen. Lesenswert!
Madlen Jankowski
Alina Bronsky, Der Zopf meiner Großmutter, 2019, Kiepenheuer & Witsch Verlag

In ihrem neuen Roman erzählt Alina Bronsky von Max, der mit seinen Großeltern aus der damaligen Sowjetunion nach Deutschland flüchtet. Im Flüchtlingswohnheim angekommen, versuchen sich die dominante Großmutter, die ihren Enkel von allem und jedem abschirmt, der Enkel, der mit sechs Jahren noch nichts richtig begreift, und der Großvater, der sich scheinbar allem fügt, in der neuen Welt zurecht zu finden.
Dann geschieht es: der Großvater verliebt sich. Zwei ungleiche Familien verbinden sich, versuchen sich Halt zu geben, was nicht recht gelingen will und alle Beteiligten vor neue Herausforderungen stellt.
Die verstrickten Verhältnisse sind für den Leser anfangs nicht leicht zu durchschauen. Doch es lohnt sich, dranzubleiben und den eigenwilligen Schreibstil Bronskys schätzen zu lernen.
Madlen Jankowski
Ava Reed, Die Stille meiner Worte, Berlin 2018 Ueberreuter Verlag

Als erstes hat mich der Titel fasziniert, der in seiner Widersprüchlichkeit ebenso tiefgründig wie poetisch klingt. Als nächstes hat mich das Buchcover fasziniert: Ein schattenhaft in Dunkelblau abgebildetes Mädchen mit einer Katze auf dem Arm. Und dann, während des Lesens, hat mich das ganze Buch fasziniert, welches es schafft, dem Leser ein schweres Thema – den Verlust eines Menschen – intensiv und innerlich sehr gut nachvollziehbar nahezubringen. Und was das Schöne dabei ist: Man muss sich nicht durch ein schwieriges Metier hindurchquälen, denn der Roman liest sich spannend, sehr ansprechend und mit großer Leichtigkeit.
Es geht um die siebzehnjährige Hannah, die nach dem Verlust ihrer Zwillingsschwester nicht mehr spricht. Ihrer Umwelt, ihrer Familie und letzten Endes auch sich selber kann sie sich nicht mehr mitteilen. Nur mit der Katze kommuniziert sie und in Briefen, welche sie nach dem Schreiben verbrennt, an ihre tote Schwester, mit der sie sehr inniglich verbunden war. Letzten Endes sind es dann Gleichgesinnte - Jugendliche in ebenso schweren Situationen wie der ihren – die sie dazu bringen, sich ganz langsam wieder dem Leben öffnen zu können. Das, was in Hannah innerlich abläuft, wird hervorragend sprachlich nachgezeichnet und jeder, der schon einmal in einer ähnlichen Situation war, kann sich wiederfinden in dem, was der Verlust für Hannah bedeutet, was er mit ihr macht, und wie sie es lernt, die Welt um sich herum und somit auch sich selber wieder spüren zu können.
Für mich war das Lesen sehr bereichernd, und ich kann dieses Buch nur empfehlen!
Anja Ache-Vogel
Arno Geiger, Unter der Drachenwand, 2018 Carl Hanser Verlag

Veit Kolbe, Wehrmachtssoldat aus Wien, wird 1944, gerade 24 Jahre alt, an der Ostfront durch einen Granatsplitter schwer verwundet. Er geht auf Genesungsurlaub nach Mondsee im Salzburger Land, wo er auf die "Reichsdeutsche" Margot, frisch verheiratet und Mutter eines Säuglings, trifft. Aus Veit und Margot wird ein Paar, was im Ort nicht gerade mit Wohlwollen betrachtet wird, sowohl von seiner linientreuen "Quartiersfrau", als auch von dem Dorfpolizisten, der Veits Onkel ist. Nur im Bruder seiner Vermieterin, dem "Brasilianer", findet er einen Freund, der jedoch in große Schwierigkeiten gerät, weil er seinem Ärger über das Regime öffentlich Luft macht. Unterdessen schreitet Veits Genesung soweit voran, dass er wieder fronttauglich wird. Auch wenn er alles versucht, seine Einberufung zu verhindern, erreicht ihn diese unausweichlich.
Der Wiener Schriftsteller Arno Geiger hat Briefe und Tagebücher aus dem Jahr 1944 zusammengetragen und bearbeitet, bzw. gänzlich erfunden. Hauptsächlich spricht der Tagebuchschreiber Veit Kolbe, unterbrochen von Briefen, geschrieben von Margots Mutter aus dem zerbombten Darmstadt oder dem 16-jährigen Rekruten Kurt aus Wien, der rührende Liebesbriefe an seine 13-jährige Cousine ins Kinderheim am Mondsee sendet. Darunter mischen sich die bestürzenden Briefe des jüdischen Zahntechnikers Oskar Meyer aus Wien. Sie alle sind von Krieg und Verfolgung schwer verwundete Seelen.
"Unter der Drachenwand" ist ein sehr mitreißender Roman, bei dem man sich als Leser die Frage stellt, wie unsere Eltern und Großeltern das alles aushalten konnten, ohne seelisch zu zerbrechen.
Anneliese Gebhard
Laetitia Colombani, Der Zopf, 2018 Fischer Verlag

Smita, Giulia und Sarah – drei Frauen, deren Leben unterschiedlicher nicht sein könnten. Smita lebt in Indien, sie sammelt täglich die Exkremente anderer auf. Ihrer Tochter möchte sie ein besseres Leben ermöglichen. Als der Versuch scheitert, sie auf die Schule zu schicken, begeben sie sich auf eine abenteuerliche Flucht.
Giulia lebt mit ihrer Familie auf Sizilien und übernimmt die Leitung der Perückenfabrik ihres Vaters, der nach einem Unfall im Koma liegt. Um das Unternehmen zu retten, bricht sie, gegen den Widerstand ihrer Familie, mit der Firmentradition nur „einheimisches“ Haar zu verarbeiten.
Sarah ist Anwältin in Montreal. Obwohl sie schwer erkrankt, versucht sie die Fassade der erfolgreichen Geschäftsfrau aufrecht zu erhalten. Als ihr dies nicht mehr gelingt, gibt ihr eine Perücke die Kraft ihr Leben zu ändern.
Laetitia Colombani ist ein starker Debütroman gelungen. Jedes der drei Frauenschicksale schildert sie auf so berührende Weise, dass man das Buch nicht mehr aus der Hand legen möchte.
Anneliese Gebhard
Clare Swatman, Before you go – Jeder letzte Tag mit dir, 2018, Blanvalet Verlag

Der Roman beginnt mit dem tödlichen Unfall von Ed. Seine Frau, Zoe, trauert zutiefst um Ed, der ihre große Liebe war und ist, obgleich vieles in der Beziehung dieses Paares in letzter Zeit nicht gut gelaufen war. Zoe würde ihrem Mann so gerne noch einmal sagen und zeigen, wie sehr sie ihn liebt.
In ihrer Verzweiflung stürzt sie in eine tiefe Depression, möchte niemanden mehr sehen. Ihr Leben ohne Ed scheint ihr bedeutungslos. Wie im Wahn läuft sie eines Tages bei strömendem Regen hinaus in den Garten und zerstört alles, was Ed seinerzeit pflanzte. Als sie wieder ins Haus zurückkommt, rutscht sie auf den feuchten Fliesen aus, fällt rücklings auf den Boden und - … erwacht 20 Jahre früher. Sie kann es kaum glauben, aber von nun an erlebt sie besondere Tage ihres Lebens ein zweites Mal und bekommt die Möglichkeit, Dinge anders, "besser" zu machen, mit Problemen offener und ehrlicher umzugehen.
Mir gefällt die Konzeption dieses Romans gut. Darüber hinaus liest er sich sehr schön. Die Sprache ist eingängig und angenehm. Auch inhaltlich hat das Buch durchaus eine Aussage, die mir gut gefallen hat, obgleich mir bisweilen Tiefgang und thematische Abwechslung fehlten. Es ist hochromantisch, bisweilen für mich zu kitschig und liebesschwülstig. Hinzu kommt, dass die Gefühle der Protagonistin häufig nicht wirklich nachvollziehbar herüberkommen – große Liebe und Schwierigkeiten wechseln sich quasi grundlos ab. Dennoch: Wer gerne einen eingängigen, romantischen Liebesroman lesen möchte, kommt hier voll auf seine Kosten.
Anja Ache-Vogel
C. R. Neilson, Das Walmesser, 2016, Heyne Verlag

Der Schotte John Callum möchte auf den Färöer Inseln ein neues Leben beginnen, seine zweifelhafte Vergangenheit hinter sich lassen. Die Inselbewohner sind verschlossen und skeptisch dem Fremden gegenüber. Nur allmählich knüpft John Kontakte, verliebt sich in Karis eine Künstlerin. Eines Morgens wacht er am Hafen mit einem blutigen Walmesser in seiner Tasche auf und wird kurze Zeit später wegen eines Mordverdachts verhaftet. Seine Erinnerung an den Vorabend ist vollkommen gelöscht. Verzweifelt versucht er die Wahrheit herauszufinden und weiß nicht mehr, wer Freund oder Feind ist…
C. R. Neilson ist nicht nur ein sehr spannender Roman gelungen, auch die Beschreibung der Färöer Inseln ist äußerst eindrucksvoll. Der Leser hat die Landschaft regelrecht vor Augen, den Wind in den Haaren und den Fischgeruch in der Nase.
Anneliese Gebhard
Petra Durst-Benning, Kräuter der Provinz, 2015, Blanvalet Verlag

Erster Teil der Maierhofen Reihe: Maierhofen ist ein verschlafenes Dorf im Allgäu, wo die Zeit in den 70er Jahren stehen geblieben ist. Deshalb sucht Theresa, die Bürgermeisterin, Hilfe bei ihrer Cousine Greta, die sie jedoch seit ihrer Kindheit aus den Augen verloren hat. Greta arbeitet bei einer Werbeagentur in Frankfurt, ihr Leben ist arbeitsreich und voller Luxus. Dennoch gelingt es Theresa sie für eine Imagekampagne ihres Dorfes zu gewinnen. Das ist zunächst kein leichtes Unterfangen, doch nach und nach können sich die Bewohner Maierhofens für Gretas Ideen begeistern. So werden alte Feindschaften überwunden und manch einer findet seine große Liebe. Nur Therese verschweigt, dass sie schwer krank ist.
Leichtfüßig schildert die Autorin wie ein Dorf aus seinem Dornröschenschlaf erwacht. Der Leser hat die schöne Landschaft buchstäblich vor Augen und fast den Geschmack der kulinarischen Köstlichkeiten im Mund. Rezepte inclusive!
Anneliese Gebhard
Ulrich Wickert, Frankreich muss man lieben, um es zu verstehen, 2017, Hoffmann und Campe

Spätestens seit der Wahl von Emmanuel Macron zum Präsidenten Frankreichs entwickeln auch die letzten Skeptiker Sympathie für unsere westlichen Nachbarn. Wie sieht es aus mit der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit in dem Land, das geprägt ist von der französischen Revolution, dem Sonnenkönig, Napoleon und Charles de Gaulle? Sind wirklich alle gleich und nicht doch einige etwas "gleicher"?
Ulrich Wickert, der teilweise in Südfrankreich lebt und den kulturellen Austausch zwischen Frankreich und Deutschland fördert, erläutert mit viel Humor aus der Historie und aus eigenen Erfahrungen alle positiven und negativen Facetten Frankreichs. Ein äußerst lesenswertes Buch für das keine Französischkenntnisse notwendig sind.
Anneliese Gebhard
Maria Stern, Acetat, 2016, Verlag Wortreich
Clara Coban, noch nicht lange bei der Wiener Kriminalpolizei, hat mit Frauenmorden zu tun. Die Frau eines reichen Bankers wird vor den Augen ihrer Kinder von ihrem Ehemann erstochen, Aisha, vor ihrem Mann ins Frauenhaus geflüchtet, wird auf offener Straße von ihm umgebracht. Die Berichterstattung in den Medien empfindet Coban unangemessen harmlos und legt sich mit den Herausgebern an. Damit handelt sie sich nicht nur Probleme mit ihrem Mann ein, der Journalist ist, auch ihr Vorgesetzter scheint nicht viel von ihrer Arbeitsweise zu halten. Fast zu spät merkt sie, dass sie jemand verfolgt der ihr nach dem Leben trachtet…
Der Autorin ist ein spannender und kurzweiliger Kriminalroman gelungen. Das sommerlich heiße Wien dient als Kulisse und wenn Clara Coban in ihrem Stammlokal einen Germknödel isst, läuft dem ein oder anderen Leser sicher das Wasser im Mund zusammen!
Anneliese Gebhard
Michael Tsokos, Zerschunden, 2015, Droemer Knaur

Dr. Fred Abel, Rechtsmediziner in Berlin, versucht eine mysteriöse Mordserie aufzuklären: im Umkreis europäischer Flughäfen werden Frauen ermordet, die der Täter mit Parolen beschriftet. Der Mörder hinterlässt kaum Spuren, und die Parolen ergeben zunächst keinen Sinn. Als Lars Moewig, ein alter Freund Abels aus Militärzeiten, als mutmaßlicher Täter verhaftet wird, versucht Abel auf eigene Faust dessen Unschuld zu beweisen. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, denn Moewigs Tochter ist an Leukämie erkrankt und liegt im Sterben. Ihr letzter Wunsch ist ihren Vater bei sich zu haben…
Schon der Titel "Zerschunden" verrät, um welche Art Krimi es sich handelt. Michael Tsokos leitet das Institut für Rechtsmedizin der Berliner Charité und ist Deutschlands bekanntester Forensiker. Dementsprechend detailreich erhält der Leser einen Einblick in diesen Bereich.
Ein spannender Krimi, der Gänsehaut auch vor einem gemütlichen Kaminfeuer verspricht.
Anneliese Gebhard
Kristin Hannah, Die Nachtigall, 2016, Rütten & Loening

Frankreich im Jahr 1939: die Bevölkerung leidet mehr und mehr unter der deutschen Besatzung. Hunger ist an der Tagesordnung. Die Schwestern Vianne und Isabelle versuchen, jede auf ihre Art, den Alltag zu meistern. Während Vianne, Mutter einer kleinen Tochter, um das Überleben der Familie und verwaister jüdischer Kinder kämpft, beschließt Isabelle im Untergrund aktiv gegen den Feind zu arbeiten. Zunächst verteilt sie Flugblätter und übernimmt Botengänge bis sie schließlich abgeschossene Piloten der Alliierten über die Pyrenäen nach Spanien bringt. Als die Deutschen Isabelle, genannt „die Nachtigall“, auf die Schliche kommen, bringt sie sich und ihre Familie in große Gefahr.
Dieser überaus spannende Roman der US-amerikanischen Autorin Kristin Hannah ist ein Paradebeispiel dafür, dass sich die Themen Zweiter Weltkrieg und Judenverfolgung noch lange nicht erschöpft haben. Auch wenn man glaubt, alles darüber zu wissen, lohnt es sich, dieses Buch zu lesen. Es ist spannend, ergreifend und erschütternd zugleich.
Anneliese Gebhard
Cynthia d’Aprix Sweeney, Das Nest, 2016, Klett-Cotta

Vier Geschwister und ein gemeinsames Erbe, genannt "das Nest"!
Am vierzigsten Geburtstag der jüngsten Schwester soll eine beachtliche Geldsumme ausbezahlt werden. Doch dazu kommt es nicht, denn die Mutter hilft dem ältesten Sohn, Leo, nach einem Verkehrsunfall aus der Patsche. "Das Nest" schrumpft für die übrigen Geschwister auf ein Taschengeld zusammen. Dumm ist nur, dass jeder sein Erbe fest verplant oder gar schon ausgegeben hat und mächtig unter Druck gerät. Leo verspricht zwar die Summe zurückzuzahlen, spielt aber auf Zeit. Allmählich wird jedem der Geschwister klar, dass sie ihre Geldprobleme irgendwie lösen müssen und verstricken sich mehr und mehr im Chaos, bevor sie ihr Leben endgültig neu ordnen können.
Nicht nur das gemeinsame Erbe bietet Zündstoff für diesen Roman. Die Autorin beschreibt auch Beziehungen, die in die Brüche gehen, den Umgang mit Verlust, Trauer und Homosexualität. Alles in Allem eine unterhaltsame Lektüre.
Anneliese Gebhard
Douglas Preston und Lincoln Child, Ice Ship, 2000, Verlag Knaur

Ein einsamer Wissenschaftler findet auf einer Insel südlich von Chile einen riesigen Meteoriten. Bevor er diesen näher untersuchen kann, kommt er ums Leben. Als der Millionär Lloyd davon erfährt, ist er von der Idee besessen, den Meteoriten zu bergen und in sein Museum in New York zu bringen. Er stellt ein Team von Spezialisten zusammen, die dieses mit einem dafür umgebauten Transportschiff, dem Ice Ship, bewerkstelligen sollen. Ein mehr als gewagtes Unterfangen, denn der ungewöhnliche Meteorit scheint Gefahren zu bergen. Zudem werden sie von einem chilenischen Zerstörer verfolgt, dessen Kommandant nur eines im Sinn hat, das Ice Ship zu versenken.
Als Leser dieses Romans fiebert man mit den Wissenschaftlern und der Schiffsbesatzung. Die Beschreibung der eisigen Landschaft und des Schiffes ist faszinierend, auch wenn man nicht jedes Detail verstehen mag. Die Spannung steigert sich stetig bis sie zum Schluss fast unerträglich wird!
Anneliese Gebhard
Martin Suter, Elefant, 2017, Diogenes Verlag

Als der Obdachlose Schoch von seinem Schlafplatz aus einen kleinen, pinkfarbenen Elefanten sieht, der auch noch leuchtet, beschließt er, keinen Alkohol mehr zu trinken. Doch der Elefant taucht wieder auf, ein reales Wesen aus Fleisch und Blut. Schoch kümmert sich zusammen mit der Tierärztin Valerie um das Tier. Ihnen wird klar, dass es durch Genmanipulation und eine Laune der Natur entstanden sein muss. Bald ist Ihnen der "Erfinder" des Elefanten auf den Fersen, der in Kooperation mit einer chinesischen Firma Profit daraus schlagen will. Dabei kommt ihnen auch noch Kaung in die Quere, ein "Elefantenflüsterer", der die Geburt begleitet hat und in dem rosa Elefanten ein heiliges Wesen sieht.
Martin Suter versteht es das brisante Thema der Genmanipulation witzig und spannend zu verpacken, ohne dessen Ernsthaftigkeit aus den Augen zu verlieren. Zudem verschafft er dem Leser einen Einblick in die Welt und das Lebensgefühl der Obdachlosen. -> Unbedingt lesen!
Anneliese Gebhard
Benedict Wells, Vom Ende der Einsamkeit, 2016, Diogenes Verlag

"Eine schwierige Kindheit ist wie ein unsichtbarer Feind. Man weiß nie, wann er zuschlagen wird."
Der elfjährige Jules verliert durch einen tragischen Verkehrsunfall seine Eltern. Mit seinen Geschwistern Marty und Liz muss er in ein Internat. Jedes der Kinder versucht auf seine Art und Weise, mit dem Schicksal fertig zu werden, doch keiner von ihnen entkommt dem Gefühl des Verlassenseins und der Einsamkeit bis ins Erwachsenenalter.
Zu Recht landet Benedict Wells, der selbst in einem Internat aufgewachsen ist, mit seinem neuen Roman auf den Bestsellerlisten. Mit klarer Sprache beschreibt er einfühlsam und anschaulich die Gedanken- und Gefühlswelt von Jules und zieht den Leser in die Geschichte hinein.
Claudia Musig